2/3 der in Armut lebenden Personen sind Frauen*, allerdings ist diese Armut in der Öffentlichkeit so gut wie unsichtbar. Gemeinsam mit den Teilnehmer_innen wollten wir eine Sichtbarkeit generieren, indem wir uns zum einen intensiv mit der Thematik, auch auf einer persönlichen Ebene, beschäftigen, andererseits aber auch Fakten und Zahlen, sowie eine Beschäftigung mit gesellschaftlichen Strukturen.
Die Teilnehmerinnen* des Projektes waren Frauen*, die aus unterschiedlichen Gründen prekär leben und die mit ihren Geschichten, Alltagserfahrungen und Reflexionen die Präsentation gestalteten. Einige leben zeitweise in einer prekären Situation, weil sie studieren, für mindestens eine aus der Gruppe war ihre prekäre Lebensrealität jedoch bereits zu einem dauerhaften Alltag geworden. Gemeinsam mit den Teilnehmerinnen* haben die wir recherchiert und experimentiert, um so ein breites Bild zum Thema Prekariat zu gestalten. Über drei Monate hinweg wurde gefundenes Material mit verschiedenen theaterpädagogischen Methoden durchleuchtet und gestaltet. Ästhetische Ausdrucksmöglichkeiten wurden gesucht und gesammelt und aus diesen am Ende die performative Installation geschaffen. Immer haben wir uns der Frage gestellt, was es eigentlich heißt, prekär zu leben, denn auch diese Lebenssituation ist mit vielen Vorurteilen und Stereotypen verbunden. Unsere Teilnehmerinnen* lebten aus verschiedenen Gründen prekär und so haben wir auch immer wieder reflektiert, welche Privilegien die eine* oder andere* hat und wie auch diese sichtbar gemacht werden können. In der Gestaltung und Forschung für das Projekt sind wir vor allem von den Lebensrealitäten innerhalb der Gruppe ausgegangen, um zu vermeiden für und über andere Menschen zu sprechen.
Bei der Performance „Willkommen in meinem Prekariat“ handelte es sich um eine begehbare Ausstellungs-Installation. Ausgestellt wurden hierbei Objekte aus dem sogenannten Prekariat, die mit Museumstexten versehen waren, die auf eine humoristisch ironische Weise geschrieben waren. So konnte man beispielsweise eine prall gefüllte Geldbörse betrachten, eine Bewerbungsmappe mit Absagen, ein Haushaltsbuch und eine Einkommensschere. Es gab auch mehrere Hörstationen und eine Teilnehmerin* hatte einen Faktenwald selber gebaut.
Die Präsentation fand im Amerlinghaus in Wien statt, einem autonomen Kulturzentrum. Freundlicherweise stellten sie uns 5 Räume zur Verfügung, sodass die Performance einen Parcours ähnelte, wobei jeder Raum einen anderen Fokus und Themenschwerpunkt hatte. Publikum wie Beteiligte sollten ein gemeinsames Erleben haben und voneinander profitieren. Selbstermächtigendes Handeln stand dabei im Vordergrund.
Verschiedene Exponate mit von den Teilnehmerinnen* geschriebenen Texten, trafen in den Räumen auf Mitmachstationen für unser Publikum, Videomaterial und unsere Teilnehmerinnen*, die an den Mitmachstationen performten. Gerahmt wurde all dies durch mehrere Performances der Gruppe, die vor allem Choreographien in den Vordergrund stellten. Nach der Performance hatte unser Publikum die Möglichkeit bei einem Buffet mit der Gruppe zu diskutieren.
Wir haben das Projekt mit einem Blog begleitet, den du hier findest: https://wilkommeninmeinemprekariat.wordpress.com/
Willkommen in meinem Prekariat
von und mit
Desiree Bernstein
Ulli Koch
Rosalie Lorenz
Tabea Zimmer
Theaterpädagogische Leitung
Katharina Fischer
Judith Rücker
Premiere
23. Juni 2017
Amerlinghaus Wien
Mit freundlicher Unterstützung und finanzieller Förderung von